Zielgerichtete Immuntherapien

Prof. Dr. Wolfgang Herr, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin am Universitätsklinikum Regensburg spricht über neue Erkenntnisse aus der Immuntherapie, deren Einsatz und Erfolg.

Hier finden Sie Ihre Fragen – beantwortet von Prof. Dr. Wolfgang Herr

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Aktualisierter Vortrag vom 28.3.2023

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Fragen aus dem Livestream vom Update 2023, beantwortet von Prof. Dr. Wolfgang Herr:

CAR T-Zelltherapien sind lebende Arzneimittel, die aus eigenen T-Zellen produziert werden und Tumorzellen abtöten. Antikörper sind Proteine (nicht lebend), die entweder Tumorzellen direkt abtöten oder Rezeptoren auf der Oberfläche von Immunzellen bzw. Tumorzellen blockieren oder aktivieren (und darüber indirekt das Immunsystem gegen den Tumor aktivieren).

Die CAR T-Zelltherapie ist bisher ausschließlich bei der lymphatischen Unterart der akuten Leukämie (sog. ALL) zugelassen, nicht bei der AML und nicht bei chronischen Leukämien. Unbenommen davon gibt es die Zulassung bei mehreren Unterarten des aggressiven Lymphoms und Myeloms.

Bitte haben Sie Verständnis, dass ich ohne persönliche Vorstellung und Vorliegen aller Krankheitsunterlagen keine Therapieempfehlung aussprechen kann. Bitte gehen Sie in eine Zweitmeinungssprechstunde, die Sie in der Regel an einer Universitätsklinik finden. Für das Melanom bestehen Sprechstunden zumeist in einer dermatologischen oder onkologischen Universitätsklinik. 

Sie sollten sich bitte in einer spezialisierten Hämatologie mit CAR T-Zell-Abteilung vorstellen, die Sie in der Regel an jeder hämatologischen Universitätsklinik finden. Da offensichtlich zwei unterschiedliche Lymphomarten (follikulär, dann aggressiv) vorliegen, muss zunächst die aktuell wachsende Erkrankung und darüber die notwendige Therapielinie exakt definiert werden. Erst nach dieser Erkenntnis kann festgelegt werden ob eine CAR T-Zell-Therapie möglich ist.

Die Leukapherese im Rahmen der CAR-T-Zell-Therapie ist ähnlich einer umfangreichen Blutspende oder auch eines Dialyseverfahrens. Wie bei sämtlichen Eingriffen gibt es auch Risiken und Nebenwirkungen, die Ihnen sämtlich im Rahmen der Aufklärung durch eine Ärztin oder durch einen Arzt erklärt werden. Typische Nebenwirkungen können z. B. eine vorübergehende Kreislaufschwäche oder eine Infektion und Nachblutung an der Punktionsstelle sein.

Beim Bauchspeicheldrüsenkrebs existiert aktuell noch keine zugelassene Therapie mit CAR-T-Zellen oder mit Immuncheckpoint-Blocker. Dieser Krebs ist leider immer noch sehr schlecht durch Immuntherapie behandelbar. Hauptgrund ist vor allem das immununterdrückende Milieu, welches sich rund um die Krebszellen in der Bauchspeicheldrüse ausbildet. Dieses Problem zu überwinden ist Gegenstand aktueller Forschung und klinischer Studien.

Ihre Angaben zur Erkrankung sind für mich nicht einfach zu interpretieren (Plattenepithel versus Chondrosarkom). Daher rate ich Ihnen das Aufsuchen einer Sarkomsprechstunde, die i.d.R. an jeder Universitätsklinik vorhanden ist. Dort kann nach einer klinischen Studie für Ihre Erkrankung gesucht werden.

Aktuell sind nur CAR-T-Zelltherapien verfügbar, die das Antigen CD19 oder BCMA auf Tumorzellen erkennen. Diese Antigene werden durch immunologische Färbeverfahren im Tumorgewebe bzw. auf den Tumorzellen nachgewiesen. Bisher ist man noch nicht soweit, dass man auf der Basis eines Biopsiematerials ein bestimmtes Antigen definiert, gegen das dann ein passender neuer CAR-T-Zellrezeptor (also nicht CD19 oder BCMA) zeitnah produziert werden kann. Nichtsdestotrotz ist die Entwicklung solch intelligenter Verfahren Gegenstand der aktuellen Forschung. Voraussetzung für die Produktion eines neuen CAR-T-Zellrezeptors ist immer die Verfügbarkeit eines geeigneten Antikörpers, der das Antigen auf der Tumorzelle spezifisch erkennen kann. Erst auf dieser Grundlage kann dann ein neuer CAR-T-Zellrezeptor produziert werden.

Fragen aus dem Livestream vom krebs-patienten-tag.bayern 2021, beantwortet von Prof. Dr. Wolfgang Herr:

Bisher ist diese Therapie beim Myelom noch nicht zugelassen, wir müssen also den Zulassungstext abwarten. Die Zulassung wird für 2021 erwartet.
Die Immunchemotherapie ist eine Kombination aus klassischer Chemotherapie und Antikörpertherapie. Dem gegenüber ist die CAR-T-Zell-Therapie eine Zelltherapie, bei der die eigenen T-Zellen mit einem tumorspezifischen Rezeptor genetisch verändert werden.
Da Ihr Brustkrebs Östrogen- und Progesteron-Rezeptor positiv ist, kommt nach derzeitiger Datenlage keine Immuntherapie in Frage. Diesem ist aktuell nur beim sogenannten Triple-negativen Mammakarzinom möglich. Bitte sprechen Sie Ihren speziellen Behandlungsfall mit Ihrem Onkologen durch.
In der Regel werden Intrathekale Therapien an großen Zentren (z.B. Unikliniken) durchgeführt. Allerdings gibt es derzeit für ein wichtiges intrathekal verabreichtes Medikament (Depocyte) keine Verfügbarkeit, sodass in der Regel über eine systemische Therapie nachgedacht werden muss.
Diese Frage berührt die Diagnostik mit PCMA-PET/CT beim Prostatakarzinom und fällt nicht in mein Spezialgebiet. Bitte sprechen Sie mit Ihrem behandelten Urologen oder stellen Sie sich in einer Universitären Abteilung für Onkologie beim Prostatakarzinom vor. Am Universitätsklinikum Regensburg haben wir laut Aussage der zuständigen Oberärzte keine Probleme bei der PCMA-PET/CT-Kostenübernahme durch die Barmer Ersatzkasse. Bezüglich Protonentherapie können Sie sich zum Beispiel an das Universitätsklinikum Essen wenden. Deren Homepage enthält eine Stellungnahme zur Kostenübernahme für Protonentherapie bei gesetzlich Krankenversicherten.
Nein, bisher gibt es keine Zulassung der Car-T-Zell-Therapie beim Morbus Waldenström. Eine klinische Studie zum Einsatz dieser Therapie bei Morbus Waldenström ist mir nicht bekannt.
Bitte wenden Sie sich an einem Facharzt für Gynäkologische Onkologie. Bisher gibt es keine Standardbehandlung mit Immuntherapie bei dieser Erkrankung. Falls Standardtherapien jedoch versagen, könnte über das Molekulare Tumorboard einer Universitätsklinik die Möglichkeit einer Immuntherapie geprüft und bewertet werden. Gegebenenfalls sind an universitären Zentren auch erste klinische Studien mit Immuntherapie verfügbar.
Das Prostatakarzinom lässt sich durch Immuntherapie bisher nicht gut behandeln. Die meisten klinischen Studien schließen Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose aus. Insofern kann ich Ihnen hier aktuell keine Immuntherapie empfehlen.
Ihre Frage ist sehr komplex und kann nur durch Kenntnis Ihrer gesamten Krankengeschichte beantwortet werden. Bitte sprechen Sie mit Ihrem Onkologen über die Möglichkeit, dass gegen den Ablehnungsbescheid der Krankenkasse im Eilverfahren über den VDK vor dem Sozialgericht geklagt werden könnte. Möglicherweise ist eine Androgenblockade analog wie beim Prostatakarzinom zu prüfen, falls die Hormonrezeptoren sehr hoch exprimiert sind.
Eine CAR-T-Zell-Therapie beim metastasiertem Melanom gibt es bisher nicht. Falls die Immuncheckpoint Blockade nicht wirkt, sollte eine systemische Chemotherapie geprüft werden. Bitte stellen Sie sich hier an einer Universitätsklinik mit spezialisierter Onkologie vor.
In den USA ist bei metastasiertem Gebärmutterkrebs eine Therapie mit Checkpoint-Blockade nach Progress der Erkrankung unter Chemotherapie zugelassen. Voraussetzung ist die PD-L-1 Expression im Tumor. Bitte stellen Sie sich in einer universitären Onkologie vor, wo bezüglich der bisher nicht zugelassenen Checkpoint-Blockade über ein molekulares Tumorboard eine entsprechende Empfehlung gegeben werden könnte. Hierzu muss allerdings der Tumor verfügbar sein und auf PD-LA-1- Expression untersucht werden.

Ergänzende Informationen zum Vortrag: